Hebräer 4,1-12

Der Ruheplatz für Gottes Volk von Pfr. Harald Kluge

Lasst uns deshalb um eines besorgt sein: dass keiner von euch zurückbleibt.

Denn noch gilt ja das Versprechen, zu dem Ruheplatz Gottes zu kommen. Die Gute Nachricht ist uns genauso verkündet worden wie den Menschen damals. Aber ihnen hat die Botschaft, die sie gehört haben, nichts genutzt. Denn sie verbanden die Botschaft, die sie hörten, nicht mit dem Glauben. Aber wir können zu dem Ruheplatz Gottes kommen, denn wir glauben ja. Doch von ihnen hat Gott gesagt: »So habe ich in meinem Zorn geschworen: Nie sollen sie zu meinem Ruheplatz kommen!« Dabei sind die Werke der Schöpfung doch seit der Erschaffung der Welt abgeschlossen.

An einer anderen Stelle heißt es von dem siebten Tag: »Am siebten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken.« Doch an dieser Stelle heißt es: »Nie sollen sie zu meinem Ruheplatz kommen!« Es bleibt also dabei: Einige Menschen werden zu seinem Ruheplatz kommen. Denjenigen, die zuerst die Gute Nachricht gehört haben, ist es allerdings nicht gelungen. Denn sie haben Gott nicht gehorcht. Darum setzt Gott noch einmal einen Tag fest, ein neues »Heute«. Durch David sagt er lange Zeit später, was bereits oben angeführt wurde:

»Wenn ihr heute seine Stimme hört, dann seid nicht so starrsinnig.« Hätte Josua sie schon zum Ruheplatz gebracht, dann würde Gott nicht von einem anderen, späteren Tag sprechen. Die endgültige Sabbatruhe steht also für das Volk Gottes noch aus. 10Denn wer zu dem Ruheplatz Gottes gekommen ist, ruht sich aus von seinen Werken – so wie Gott selbst es von seinen eigenen Werken getan hat. Wir wollen uns also anstrengen, zu jenem Ruheplatz zu kommen. Denn niemand soll wie in dem Beispiel von damals zu Fall kommen, weil er ungehorsam war. Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam. Es ist schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch und durch. Es durchdringt Seele und Geist, Mark und Bein. Es urteilt über die Gedanken und die Einstellung des Herzens.

Hebräer 4, 1-12

Liebe Gemeinde!

Gestern war Weltfrauentag, internationaler Frauentag, oder einfach oft nur Frauentag genannt. Seit 114 Jahren schon wird das hier bei uns begangen. In den Jahren der Naziherrschaft war er verboten und man hat stattdessen den „Muttertag“ etablieren wollen. Was leider auch gelungen ist. Denn nicht alle Frauen sind Mütter, aber alle Frauen sind diskriminiert und benachteiligt.

Und haben Sie gefeiert, ihrer Frau oder einer Frau gratuliert, Geschenke gemacht? Ich habe in den Schulen, in denen ich evangelischen Religionsunterricht erteile, meine Schülerinnen und Schüler darauf angesprochen. Meistens sagen die Jugendlichen: „Wozu brauchen wir einen Frauentag? Da geht’s doch eh nur ums Geschäft.“ Und schon waren wir mitten in der Diskussion darüber, welchen Sinn so ein Tag hat. In Bezug auf die Religionen ist ja die Verknüpfung mit dem Weltgebetstag der Frauen einen Tag davor spannend. Da feiern wir über die Konfessions- und Ländergrenzen hinweg am selben Tag Gottesdienst und es wird gezeigt, wo vermehrt Engagement nötig ist. Mädchen und Frauen sollen überall auf der Welt in Frieden, Gerechtigkeit und Würde leben können. Mit dieser Idee entstand die größte Basisbewegung christlicher Frauen weltweit. Jedes Jahr gibt es spannende Beiträge eines Gastgeberlandes, Denkanstöße, Impulse. In diesem Jahr kam das Material mit Videos, Texten, Gebeten und Tänzen zum Einstudieren von den Cookinseln. Es wurden weltweit am selben Tag 7. März ökumenische Gottesdienste gefeiert, mit Inhalten, die von diesen paradiesisch anmutenden Cook-Inseln hergekommen sind.

Mit den Jugendlichen im Konfikreis haben wir uns informiert, wie die Menschen auf den Cook-Inseln leben. Paradiesische Strände, Kokospalmen als „Baum des Lebens“, der gleich auch die maximale Höhe der Häuser vorgibt. Autos dürfen nicht schneller als 50 km/h fahren und es braucht nicht einmal eine Ampel auf dieser Insel. Verkehrsunfälle sind vernachlässigbar gering in der Zahl. Aber Gewalt in der Familie und bei Beziehungen und vor allem gegen Frauen und Mädchen ist in der 15.000 Menschen zählenden Bevölkerung ein großes Problem. Da helfen Aufklärungs-Programme, die Einrichtung von Frauenhäusern und auch Arbeit mit den Männern und Jugendlichen. Die Cook-Inseln zählen zu jenen Nationen, die durch den Klimawandel und das Steigen des Meeresspiegels bedroht sind. Aber ihre Appelle und Eingaben in der UNO und auf Weltklimakonferenzen verhallen nahezu im Nichts. Und wenn dann der Präsident des größten Wirtschaftssystems und Verschmutzers ankündigt, alle Klimaprogramme zu stoppen und aus dem Klimadeal auszusteigen, sind die Einwohnerinnen dort an Leib und Leben bedroht.

Darum geht es, wenn der Schreiber des Hebräerbriefes auf dieses Bild des „Ruheplatzes“ eingeht. Davon wird mehrmals auch im Alten Testament bereits gesprochen. Und wir alle sind doch immer wieder mal in der Situation, dass wir abschalten wollen aber nicht können. Wir suchen Ruhezeiten, aber haben selbst an dem einen freien Tag der Woche plötzlich Termine, Gespräche und Arbeit, die sich nicht verschieben lässt. Ob die Menschen der Cook-Inseln, oder wir hier im guten alten Österreich suchen Ruheplätze. Wir haben sicherlich unterschiedliche Problemlagen, aber wir haben dieselben Probleme. Auf den Cook-Inseln gibt es neben der Gewalt gegenüber Frauen und Kindern auch eine große Zahl an Menschen mit Adipositas, über 70%. So gibt es dort auch jede Menge an Krankheitsbildern, die mit schwerem Übergewicht einhergehen. Die Cook-Inseln haben eine Regelung, die sie davor schützt, ausverkauft zu werden. Anders als in Tirol etwa kann nur eine Einheimische oder ein Einheimischer Grund erwerben. Daher gibt es auch keine Fastfoodketten oder internationalen Modeketten.

Und ihr großer Schatz könnte auch ihr Verhängnis werden. Denn wenn auch derzeit etwa Wale eine juristische Person darstellen und Flora und Fauna unter großen Schutzbestimmungen stehen, gibt es in großer Zahl Felder mit Manganknollen, die am Meeresboden geschürft werden könnten. Da man die Bestandteile der Manganknollen für energietechnische Neuerungen benötigt, stellt sich die große Frage, ob und wenn ja wie viel des Landes, das von der Wasserfläche fünfmal so groß wie Deutschland ist, verkauft werden sollte. Die Versuchung ist groß, aber das Bewusstsein für die naturverbundene Tradition auch. Die größte christliche Kirche ist eine uns verwandte und wie wir im Weltbund Reformierter Kirchen. In einem Gespräch sagt einer der Beamten der Inseln: „Wir haben hier einen Ruheplatz, eine Idylle und das ist eine Aufgabe. Den Ruheplatz werden wir nicht aufgeben.“ Denn es gehen viel zu viele verloren. Wir Menschen sind immer wieder mal auf Ruheplätze angewiesen. Denn auf unruhigen, heimgesuchten, lauten Plätzen lässt sich keine neue Kraft tanken. Da kann ich keine klaren Gedanken fassen. Und wenn es jede Nacht so laut wie hier in der Dorotheergasse ist, bleibt man unruhig, verschlafen, innerlich zittrig zurück.

GOTT verspricht uns genau solch einen Ruheplatz, heißt es in der Bibel und haben sich die Gläubigen immer wieder gedacht. „Noch gilt ja das Versprechen, zu dem Ruheplatz Gottes zu kommen.“ Darum müssen wir keine Angst haben. Nur um eines sollen wir uns sorgen, sagt der Briefschreiber, nämlich, dass niemand zurückbleibt. Die jüdische und die christliche Religion sind universal in der Hinsicht, dass GOTT alle Menschen retten will oder besser gesagt, gerettet sehen will.

Jeder Mensch kann, so schildert es der Autor, zu dem Ruheplatz Gottes kommen. Und das können alle, egal welcher Herkunft, welcher Nation, welchen Geschlechts, welcher Religionszugehörigkeit. Jeder von uns kann den Ruheplatz bei GOTT finden. Und wir müssen keine Pilgerfahrten unternehmen, keine Fastenzeiten einhalten, keine Heiligen anbeten. GOTT schenkt uns den Ruheplatz bei sich, allein weil wir es glauben. Denn GOTT hat sich auch einst ausgeruht und es ist nicht nur eine der zehn großen Lebensregeln, die Mose vom Berg Sinai von GOTT und vom Gipfel zu seinem Volk und über die Jahrtausende auch zu uns gebracht haben soll.

»Am siebten Tag ruhte Gott von allen seinen Werken.« Deshalb gilt es auch unter uns, dass wir es einander ermöglichen. Auch Acht geben bei sich und bei anderen, wenn es nicht ausreichend Ruhezeit gibt oder keinen Ruheplatz. Doch an einigen Stellen der Bibel heißt es auch: »Nie sollen sie zu meinem Ruheplatz kommen!« Das zählt zu den schlimmen Folgen, die wir uns einhandeln, wenn wir es nicht von ganzer Kraft und mit Anstrengung glauben und als wichtig erachten. Einige Menschen werden zu GOTTES Ruheplatz kommen, sagt er. Aber andere werden es nicht schaffen und keinen Ruheplatz finden. Wenn ich wie der Hektiker agiere, nie die Arbeit aus dem Kopf bekomme, mich für alles verantwortlich sehe und auch Arbeit am freien Tag annehme, könnte man sagen: Selbst Schuld, Du wirst den Ruheplatz bei GOTT nicht finden. Hingegen sind Strukturen, wie wir sie etwa in der Kirche haben, darauf ausgerichtet, dir immer wieder den freien Tag, sprich Ruhetag, vorzuenthalten.

Aber GOTT gibt nicht auf, wie wir lesen. Noch einmal setzt GOTT einen Tag fest, ein neues »Heute«, um endlich ernsthaft über GOTTES Worte nachzudenken und das Leben daran auszurichten. Das kann ich nicht an einem Tag erreichen, aber sollte ich es anstreben, werde es sich so ergeben. Das braucht viel Vertrauen und eben auch Glaube. Glaub, dann wird das schon … Wirklich? Wenn wir heute GOTTES Stimme hören, dann sollten wir nicht so starrsinnig sein. Wir müssen darauf schauen, dass Menschen und auch Tiere Ruheplätze, Safe Spaces, Sicherheitszonen haben. Und wo wir da als erstes mit hinschauen sollten, sind die großen Krisenherde der Welt. Wo Menschen in größter Unsicherheit leben und sterben, keine Ruheplätze haben, weil ihnen jederzeit Gewalt angetan werden kann, da gilt es, zu handeln.

Wir wollen uns also anstrengen, zu jenen Ruheplätzen zu kommen und anderen das auch so gut es eben geht ermöglichen. Und da sind die Menschen in der Ukraine und aus der Ukraine uns besonders nah, weil es so schmerzlich nah geht, wie es doch Menschen so nahe so schlecht geht. Auch im Jemen und in allen Kriegsgebieten dieser Erde schauen gottlob Hilfsorganisationen hin und versuchen ihr Bestes, dass wir auch durch unsere finanziellen Mittel ermöglichen. „Im Sudan herrscht eine humanitäre Notlage von schockierendem Ausmaß. Eine Hungersnot greift um sich. Eine Epidemie von sexueller Gewalt wütet. Kinder werden getötet und verletzt. Das Leid ist entsetzlich.“ Das sagt UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und Nothilfekoordinator Tom Fletcher mit Tränen in den Augen vor der Presse. Es ist die derzeit größte humanitäre Katastrophe und bekommt kaum Aufmerksamkeit. Es ist ein schrecklicher zwei Jahre anhaltender Konflikt, der bisher zur Vertreibung von 12 Millionen Menschen geführt hat. Die Ankündigung des US-Präsidenten, die Entwicklungshilfe auch hier drastisch zu reduzieren, hatte bereits letale, tödliche Folgen. Sara, eine der Millionen Menschen in den Flüchtlingslagern, in denen vor allem Kinder und Frauen mit ihren Babys Zuflucht suchen, fragte einen deutschen Reporter vor einigen Tagen: „Was sollen wir jetzt machen? Es gibt keine Hoffnung mehr für uns. Wir werden in diesem Camp sterben. Es geht uns schon jetzt nicht gut hier, wenn es keine Hilfe mehr gibt, wird es uns noch schlechter gehen.” Saras Zeltnachbarin Esraa fügt hinzu: “Trump ist so egoistisch. Er hat alles Geld dieser Welt, und andere Menschen haben noch nicht mal etwas zu essen. Da muss man doch helfen. Wenn ich seine Mittel hätte – ich würde mich um das ganze Universum kümmern.”

Wir können uns nicht um das ganze Universum kümmern, immer nur um den Bereich um uns herum. Aber die Richtung der Aussage stimmt. Suchen wir gemeinsam nach dem Ruheplatz GOTTES, mit all jenen Menschen, die wir in Not sehen, die im Stress, im Streit, in großer Angst oder in Panik sind. AMEN