zu Jesaja 55, 1-7 mit Pfr. Harald Kluge Youtube
Jesus heilt am Sabbat einen wassersüchtigen Mann
1Einmal ging Jesus an einem Sabbat in das Haus eines der führenden Pharisäer. Dort nahm er am Mahl teil. Alle beobachteten ihn genau. 2Da war ein Mann in seiner Nähe, der an Wassersucht litt. 3Jesus wandte sich an die Gesetzeslehrer und Pharisäer und fragte: »Ist es erlaubt, am Sabbat zu heilen, oder nicht?« 4Sie aber schwiegen. Da berührte Jesus den Kranken, heilte ihn und ließ ihn gehen. 5Dann sagte er zu ihnen: »Wenn einem von euch ein Kind in den Brunnen fällt oder nur ein Rind: Wer wird es nicht sofort herausziehen – auch wenn Sabbat ist?« Sie wussten nicht, was sie darauf antworten sollten.
Jesaja 55, 1-7 Alle sind eingeladen
1Auf, ihr Durstigen, hier gibt es Wasser! Auch wer kein Geld hat, kann kommen. Kommt, kauft euch zu essen! Kommt und kauft ohne Geld! Wein und Milch – sie kosten nichts. 2Warum wollt ihr Geld ausgeben für Brot, das nicht wie Brot schmeckt? Warum wollt ihr euren mühsam verdienten Lohn für etwas vergeuden, das nicht satt macht? Hört doch auf mich, dann bekommt ihr Gutes zu essen und könnt köstliche Speisen genießen. 3Hört mich an und kommt zu mir!
Hört zu, dann lebt ihr auf! Ich will mit euch einen Bund schließen, der für immer besteht. Was ich David für immer versprochen habe, gilt auch für euch. 4Ihn habe ich ja dazu bestimmt, Völker zu beherrschen und ihnen Befehle zu erteilen. So sollte er meine Macht vor den Völkern bezeugen. 5Ihr werdet Leute herbeirufen, die ihr nicht kennt. Und Leute, die euch nicht kennen, kommen herbei. So will es der Herr, euer Gott, der Heilige Israels. Er lässt euch diese Ehre zuteil werden. 6Sucht den Herrn, jetzt ist er zu finden! Ruft zu ihm, jetzt ist er nahe! 7Der Frevler soll seinen Lebensweg ändern! Wer Böses im Sinn hat, soll seine Pläne ändern und zum Herrn, unserem Gott zurückkehren! Der wird Erbarmen mit ihm haben und ihm reichlich Vergebung schenken.
Liebe Gemeinde!
Frisch, kühl, klar und kalt – so lieben wir unser Wasser. Und in beiden Erzählungen wird von Wasser gesprochen. Weil wir als Menschen nun einmal nach Wasser süchtig sind – also manche auch nach anderen Getränken – aber wir Menschen sollten derzeit gut und gern mindestens 1½ Liter Wasser pro Tag trinken. Nur in der ersten Geschichte aus dem Lukasevangelium 14, in der Jesus zu Besuch bei einem führenden Pharisäer seiner Zeit ist, geht es um einen „Wassersüchtigen“ anderer Art. Und der Pharisäer, bei dem Jesus zu Gast ist, beschreibt hier kein Heißgetränk aus Kaffee, braunem Rum und Schlagobers. Das hat mich mal jemand ohne jeglichen Religionsunterricht in seinem Lebenslauf gefragt. Und dann hat der Ahnungslose mir noch gesagt, dass der Name „Pharisäer“ von einem Kaffee kommt, den Leute ihrem Pfarrer serviert haben, in dem immer ein Schuss Rum drin war. Und der Pfarrer hat den Leuten dann gesagt: „Ihr Pharisäer!“
Pharisäer sind zur Zeit Jesu eine philosophische, politische, theologische Schule, aus der später das rabbinische Judentum entstanden ist. Mit dem Pharisäer konnte Jesus gut über Gott, die Welt, die Gemeinde, auch über Rechtsfragen und religiöse Fragen diskutieren. Und sie machen es sich gerade für den Abend und das Abendmahl gemütlich, als ein Mann hereinkommt, mit der Tür ins Haus fällt. Was meint die Bibel hier bei Lukas 14 mit einem Mann, der an Wassersucht leidet? Es ist die krankhafte Ansammlung von Wasser im Körper. Es ist der umgangssprachliche und biblische Ausdruck für einen Überschuss an Wasser und Mineralsalzen in den Gewebsspalten einschließlich der Körperhöhlen. Ein wassersüchtiger Mensch ist jemand, dessen Körper Wasser zurückhält und der dadurch aufgebläht ist und prall aussieht. Jesus sieht ihn und mit einem kurzen Hinweis darauf, dass es Blödsinn ist, einem Wesen in Not am Sabbath, am Feiertag, nicht zu helfen, heilt er den Mann. Es war und ist eine schwere Krankheit, mit viel Leiden verbunden, und heute gibt es zwar Medikamente gegen Wassersucht, aber so richtig gesund schauen unsere Körper meist auch nicht aus. Für Jesus scheint es hier wichtig zu sein, uns zu vermitteln, dass wir uns mit keinen Ausreden vor der Hilfe für andere Wesen drücken sollen.
„Ich bin zu beschäftigt und kann nicht helfen!“ – gilt nicht.
„Ich kann für den Armen nichts tun, weil mir selbst geht’s so schlecht.“ – gilt nicht.
„Sorry, aber Sonntag kann ich nicht helfen, da ist Feiertag. Kommen Sie morgen wieder.“ – gilt nicht.
Obwohl wir als Gemeinde genau das tun. Wir vertrösten, oder genauer gesagt vermitteln wir an andere Stellen, die besser helfen können. Suchen Sie sich bitte finanzielle Hilfe am besten bei der Stadtdiakonie. Jesus bringt es mit dem Bild eines Brunnens auf den Punkt. „Wenn einem von euch ein Kind in den Brunnen fällt oder nur ein Rind: Wer wird es nicht sofort herausziehen – auch wenn Sabbath ist?“ Niemand von uns und auch nicht von der Runde, in der Jesus zu Gast war, würde ernsthaft behaupten, dass man nicht helfen kann, weil Feiertag ist und daher keine Handlungen welcher Art auch immer gesetzt werden dürfen. Und auch damals konnte Jesus alle überzeugen – wo du Not siehst, sollst du helfen, ist es deine Pflicht zu helfen! Wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, scheint es zu spät sein, um zu helfen, und wie man ein Rind aus einem Brunnen zieht, kann ich mir auch nur schwer vorstellen. Aber wir würden alles versuchen und nichts unversucht lassen, wenn es um ein Leben geht, das uns irgendwie angeht. Das leuchtet doch jedem und jeder ein. Oder etwa nicht? Nicht unbedingt. Denn Jesus bringt ein zweites Gleichnis, das auf den ersten Anschein nichts mit der Heilung des Mannes mit der Wassersucht zu tun hat. Jesus war ein großer Beobachter, hat seine Umgebung und seine Mitmenschen gelesen. Und so sieht er, dass bei dem Gastmahl bei dem berühmten Pharisäer und Gelehrten sich die Leute um die besten, sprich nächsten Plätze beim Gastgeber drängelten. Und dann sagt er, dass man ja auch nicht zu einer Hochzeit geht und den Platz der Braut oder des Bräutigams oder den der Brauteltern oder der Trauzeuginnen einnimmt, außer man ist selbst eine dieser Personen. Als anständiger Mensch warte ich darauf, welcher Platz mir zugewiesen wird. Ich finde es sehr amüsant, dass uns Jesus hier aus einer Art von „Benimm dich“-Fibel zitiert. Der jesuanische Knigge von Welt meint eben: Warte, bis du den Platz einnehmen kannst, den du auch einnehmen sollst. Ansonsten könntest du beschämt werden. Auch hier muss ich sagen, ich bin überrascht, dass Jesus hier von so einem unguten Gefühl spricht, das wir wahrscheinlich alle oder zumindest 90 % der Menschen hier kennen.
Es ist beschämend, wenn du von dem Platz vertrieben wirst und jemand zu dir sagt: „Mach bitte dem Bräutigam Platz! Du findest dort hinten bei den Stehplätzen sicher noch einen Platz.“ Wählen wir uns also den entferntesten Platz und lassen wir uns einladen mit den Worten: „Lieber Freund, liebe Freundin, rück doch näher zu mir.“ Wer sich klein macht, den wird Gott groß machen. Und dann stößt Jesus den gastgebenden Pharisäer und die meisten geladenen Gäste wohl so richtig hart vor den Kopf, wenn er sagt: „Wenn du ein Mittag- oder Abendessen gibst, lade keine Leute ein, die wiederum dich einladen – deine Freunde, deine Brüder, deine Verwandten oder reichen Nachbarn.“
„Wen denn bitte sonst?“, werden die Leute Jesus gefragt haben. Und seine heftige Antwort, die uns zu denken gibt bis heute, lautet: „Wenn du zu einem Mahl einlädst, lade vielmehr Arme, Verkrüppelte, Gelähmte und Blinde ein.“ Warum? Weil sie sonst von niemandem eingeladen werden. Deine Freunde laden sich gegenseitig ein. Aber bei euch soll es so sein, dass ihr jene einladet, die es am wenigsten oder gar nicht erwarten. Und hier kommt der Jesaja, der zweite, der Deuterojesaja Kapitel 55 ins Spiel. Denn das gesamte Jesajabuch, jenes angeblich vom Propheten namens Jesaja verfasste Werk mit seinen 66 Kapiteln, soll aus der Feder des Mannes stammen, der zwischen 740 und 701 v. Chr. gelebt und gewirkt haben soll. Aber beim Jesajabuch, oder den Jesajarollen und den Papyrii zu dem Buch geht es um Geschichte zwischen 740 und dem 2. Jahrhundert v. Chr. Die Worte aus dem Kapitel 55 sind aber wohl älter, denn sie klingen zeitlos.
„Auf ihr Durstigen, hier gibt es Wasser!” Wasser ist Leben und wer Wasser verteilt, verschenkt, erhält Leben. Nicht ausreichend zu trinken zu haben, können wir uns kaum vorstellen. Und nahgekommen ist uns, dass es Menschen gibt, die sich riesig über einen funktionierenden mechanischen Brunnen freuen. Dort wo es kein Wasser gab, gibt es jetzt Wasser! Fast auf Knopfdruck können sich Kinder, Frauen für ihre Babies, Männer für ihre Familien Wasser holen. Auch wer kein Geld hat, kann kommen. Wasser gibt es fast gratis aus unseren Wasserleitungen und dafür müssen wir dankbar sein.
„Kommt kauft euch zu essen! Kommt und kauft ohne Geld! Wein und Milch – sie kosten nichts.“ Ist hier ein biblisches Schlaraffenland beschrieben? Ich denke nicht, aber das Grundrecht auf ausreichend Nahrung und Wasser darf niemals aufgegeben werden. Dass Kriege und militärische Aktionen besonders auf die Wasser- und Abwasserversorgung hart zu verurteilen sind, zeigen die Folgen in manchen Gebieten der Erde, wo gekämpft wird und gezielt die Wasserversorgung zerstört wird. Es gibt Zeiten und Situationen und Lebensumstände, da reicht das Geld nicht aus, um sich und seinen Liebsten ausreichend Lebensmittel zu kaufen. So gesehen sind die Sozialmärkte ein segensreicher Schritt hin zu einer solchen Vision.
„Warum wollen wir Geld ausgeben für Brot, das nicht wie Brot schmeckt?“ Heute könnte ich entgegnen, weil gutes Brot, das nach Brot schmeckt, fast unerschwinglich geworden ist. Und das fade Toastbrot, die laschen Semmeln und Weckerln fürs normale Volk, den kleinen Mann, die kleine Frau, sind eben erschwinglich. „Warum wollen wir unseren mühsam verdienten Lohn für etwas vergeuden, das nicht satt macht? Hört doch auf mich – sagt der Prophet – dann bekommt ihr Gutes zu essen und könnt köstliche Speisen genießen.“ Eigentlich ist hier von fetten Speisen und fetttriefenden Fleischstücken die Rede, aber GOTT will uns gewiss nicht zu einem erhöhten Cholesterinspiegel und zu einer Fettleber verhelfen. Also lädt Jesaja uns ein auf köstliche Speisen, wenn wir auf ihn hören. Seien wir also gespannt. „Hört mich an und kommt zu mir! Hört zu, dann lebt ihr auf! Ich will mit euch einen Bund schließen, der für immer besteht.“ Nun wissen wir, dass Bundestreue, nehmen wir den Bund der Ehe, diese Treue durchaus auch auf kurze Zeit hin angelegt sein kann. Hören wir auf den Propheten Jesaja, hören wir zu, was GOTT zu sagen hat, dann werden wir aufleben. Und da müssen wir nur noch an das Gastmahl von Jesus beim Pharisäer und an seine Worte denken und dann fällt der Groschen, was damit gemeint ist. Wenn wir so leben, wie es GOTT gefällt und GOTT für uns sich wünscht, dann laden wir jene ein, die sich kein Gastmahl, kein Mahl leisten können, die Armen. Und wir laden jene ein, die sonst niemand einlädt, die man damals versteckt hat, jene, die eine Krankheit oder Beeinträchtigung oder Behinderung hatten. Und du sollst einladen, wer nicht damit rechnet, eingeladen zu werden. Blinde und Lahme. Menschen mit einer Lähmung oder einer Sehschwäche oder Hörbeeinträchtigung oder Sprachschwierigkeit. Jesus hat sich scheinbar im Kreis der Gäste bei der Familie des Pharisäers nicht wohl gefühlt. Denn Jesus verwendet hier schon auch ein beleidigendes Bild. „Schmeiß diese Gäste, Reiche, Schöne, Kluge raus und lade dir andere Gäste das nächste Mal ein.“
Bei Jesaja klingt es dann sinngemäß so: „Ihr sollt Leute herbeirufen, die ihr nicht kennt. Und Leute, die euch nicht kennen, kommen herbei. So will es der Herr, euer Gott, der Heilige Israels.“ Gebt denen zu essen und zu trinken, die es brauchen. Für Jesus und für Jesaja ist es dringend an der Zeit, die Zeit drängt, denn das Leben und wie wir es führen wollen und sollen, sollen wir nicht auf morgen verschieben. Wenn du anfangen willst, nach den Ratschlägen von Jesus zu leben, dann rette dein Kind, wenn es in den Brunnen fällt, auch wenn es am Sonntag passiert. Gib deinem Nachbarn, wenn er dringend von dir etwas braucht, auch nachts, was er braucht. Lebe nicht mit schlechten Ausreden!